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Weltreise mit vier Kindern

Die Adamos sind 1,5 Jahre zu sechst der Sonne hinterhergereist.

13. März 2018

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Um ihren Traum von einer Weltreise zu verwirklichen haben Courtney und Michael Adamo ihr Haus, ihr Auto, und die meisten Möbelstücke in London verkauft. Der Plan: zu sechst um die Welt. Auf ihrer Reise durch Nord- und Südamerika, Australien, Neuseeland und Europa haben sie die Kinder selbst unterrichtet. Weil das Leben in der Sonne schöner ist, leben sie heute in Byron Bay. Wir haben sie dort getroffen und gefragt, ob das wirklich so easy geht - eineinhalb Jahre mit Kindern unterwegs zu sein, und anschließend auszuwandern.

Courtney Adamo und ihre Töchter am Strand.
Courtney Adamo

Die Adamos werden von der Presse als die „stylischste Familie Großbritanniens“ bezeichnet. Vor ihrer Weltreise lebten sie in London.  Courtney Adamo, 36, ist eine der Inhaberinnen von Babyccino, einem Blog über Babymode. Außerdem Supermama auf Instagram, 200.000 Follower.

Nach meinem Besuch bei den Adamos war ich ziemlich eifersüchtig auf den Lifestyle der Familie: vier reizende Pausbackenkinder (mittlerweile sind es fünf, der kleine Wilkie wurde kurz nach meinem Besuch dort geboren), die Eltern so attraktiv wie Schauspieler, alle wirken happy, sind gesund. Außerdem leben sie in Byron Bay, einem der schönsten Orte Australiens, gehen fast täglich surfen und waren eineinhalb Jahre auf Weltreise. Die Eltern sind beide selbstständig und wollen bald ein Boutique Hotel aufmachen. Sonne, Liebe, Freiheit. Einen Haken habe ich bei meinem zweistündigen Besuch bei ihnen zuhause nicht gefunden. Alles unheimlich perfekt. Oder: So perfekt, dass es fast unheimlich ist.

Die Adamos sind von London, wo sie zwölf Jahre wohnten, nach Byron Bay ausgewandert. Seit den Siebzigern pilgern Aussteiger und Surfer in den Ort an der Ostküste Australiens - wegen des alternativen Künstler-Lifestyles und der guten Wellen. Byron steht für Hippie-Märkte und Sonnenuntergänge an weißen Sandstränden. Da kann man es aushalten.

Als ich das Haus der Adamos erreiche steht Michael barfuß in der Einfahrt und spritzt die Surfbrettern mit einem Gartenschlauch ab. "Heyyy", er winkt mir zu. Courtney begrüßt mich an der Haustür in einem roten Hippiekleid, um ihren Hals hängt eine filigrane Goldkette.

Courtney Adamo und ihre Familie in einem Restaurant

Courtney und Michael mit ihren Kindern (v.l.n.r.) Ivy, Quin, Marlow und Easton.

"Nicht darüber nachzudenken, was man machen muss, nur weil es die Gesellschaft von einem erwartet – das gibt einem so viel Freiheit."

Sie führt mich durchs Haus, einer typischen australischen Holzvilla der besseren Gesellschaft. Außen steht es auf weißen Stelzen, innen hat es glänzenden, dunkelbraunen Parkett. Unter den angesagten Möbeln im Stil der 50er Jahre liegt kein Teddybär und auch keine Holzeisenbahn. Die liegen alle in der Garage, dem "Spielzimmer" der Kinder. Wir setzen uns an den Holztisch auf der Terrasse in den Schatten und trinken selbstgemachte Limonade.

Courtney Adamo und ihre Töchter am Strand.
Courtney Adamo und ihre Töchter am Strand.
Courtney Adamo und ihre Töchter am Strand.

Im australischen Byron Bay, wo die Adamos heute leben, gehen sie fast täglich an den Strand.

Im Interview
Courtney Adamo

ways2live:

Als ihr euer komplettes Leben in London aufgegeben habt und zu der Weltreise aufgebrochen seid – dachtet ihr, ihr könntet das mal bereuen?

Courtney Adamo:

Nein, nie. Wir hatten unser Haus verkauft, weswegen wir ein finanzielles Polster hatten. Andere Menschen würden dieses Geld gut anlegen, um noch mehr davon anzuhäufen. Wir wussten, dass wir es besser investieren, wenn wir uns ein Jahr Auszeit gönnen und mit der Familie eine Weltreise machen.

Vogelfrei, ohne Job, mit vier Kindern – und kein Muffensausen?

Natürlich war es beängstigend, dass Michael seinen Job gekündigt und seine erfolgreiche Karriere hinter sich gelassen hat. Aber ich kann mit meinem Blog ortsunabhängig arbeiten und verdiene Geld. Außerdem leben wir seit der Weltreise ganz anders als in London. Wir geben weniger aus und verbringen mehr Zeit mit unseren Kindern. Das fühlt sich viel sinnvoller an. Es ist das Leben, was wir immer wollten.

Wie sah denn ein typischer Tag auf eurem Trip aus?

Frühstück, Schulunterricht der Kinder, Mittagessen, Strand oder andere Unternehmungen draußen, Abendessen, früh ins Bett. Gewohnt haben wir in kleinen Boutique Hotels, in Australien haben wir uns einen Wohnwagen gemietet.

Ihr wart wirklich nie allein zu zweit, oder?

So ist es. Das war auch wirklich eine Herausforderung für uns als Paar. Aber dafür waren wir 24 Stunden am Tag mit unseren Kindern zusammen. Das wollten wir ja.

Wie viel Gepäck hattet ihr dabei?

Wir haben uns da an frühere Reisen gehalten und unser Gepäck auf das Allernötigste reduziert. Da wir der Sonne hinterhergereist sind, hatten wir vor allem Sommerklamotten dabei, die haben natürlich weniger Platz gebraucht. Die Kinder hatten jeweils einen Trolley für ihre Klamotten und einen Rucksack mit Stiften, Lernsachen und ihrem Lieblingsspielzeug. Nach 18 Monaten Weltreise sind wir heute Experten im Packen (lacht).

Andere machen eine Weltreise, bevor sie Kinder haben. Inwiefern hattet ihr das Gefühl, dass es der perfekte Zeitpunkt war?

Unser Ältester war beinahe 10. Wir wussten, dass es viel schwerer werden würde, ihn von seinen Freunden wegzubringen, je älter er wird. Unsere Kleinste war gerade groß genug, knapp drei. Es war perfekt in Bezug auf das Alter der Kinder. Außerdem hatte ich wirklich genug von London.

London ist doch toll...!

Ich bin Amerikanerin. Die Briten sind sehr reserviert, damit bin ich nicht klargekommen. Ich bin eher leger. Deswegen finde ich es hier in Byron Bay so toll. Die Leute sind locker und spontan. Jeden Tag bekomme ich Anfragen für den Abend: Wollt ihr zum Barbecue an den Strand kommen?

Courtney Adamos Töchter spielen
Hände
Courtney Adamos Männer am Strand
Courtney Adamo spielt mit ihren Kindern

Mit so vielen Geschwistern hat man immer Spielkameraden.

Klingt entspannter.

Ja. Ich war zu dem Zeitpunkt wirklich bereit für ein einfacheres, entschleunigtes Leben. Wir hatten auch überlegt, nach Italien oder Portugal auszuwandern.

Ich wollte ein einfacheres, entschleunigtes Leben.

Also wolltet ihr auf der Weltreise das Land finden, in dem ihr Leben wollt?

Genau. Den Kindern haben wir immer gesagt, dass wir zurückgehen. Wir wollten nicht, dass sie sich über eine unsichere Zukunft Gedanken machen. Doch egal, wo wir waren – ob in Kalifornien oder Brasilien – überall haben Michael und ich uns gefragt, ob wir dort leben könnten. In Brasilien hat es uns so gut gefallen, dass wir schon nach Immobilienpreisen geschaut haben. In Uruguay haben wir uns Schulen angesehen. Dann kamen wir gegen Ende unserer Reise nach Byron. Nach drei Tagen wussten wir und auch die Kinder: Das ist der Ort, an dem wir bleiben wollen.

Warum ausgerechnet Byron?

Was Byron so besonders macht, ist nicht der Ort selbst, der ist sehr touristisch, sondern die Dörfer drumherum und das wunderschöne Hinterland. Im Regenwald gibt es versteckte Wasserlöcher, in denen man baden kann. Wir leben in Bangalow, zehn Minuten von Byron entfernt. Die Kinder können zu Fuß zu einer kleinen Schule laufen. Das kleine Dorf ist wirklich niedlich. Jeden Tag ist irgendwo ein anderer Markt, es viele gute Pop-Up-Restaurants. Wir sind jeden Freitag woanders. 

Courtney Adamos Mann und Söhne beim Surfen
Courtney Adamos Mann und Söhne beim Surfen
Courtney Adamo und ihre Töchter am Strand.

Michael und seine Jungs gehen jeden Freitag vor der Schule surfen.

Byron war mal ein Hippie-Ort. Mittlerweile sind viele gegangen, weil die Reichen gekommen sind und die Preise angetrieben haben...

Stimmt. Hier sind viele Yuppies, aber ich finde das nicht schlimm. Alle sind sehr nett und offen. Die meisten kommen aus Großstädten, haben ihren ursprünglichen Job aufgegeben und machen jetzt nicht mehr das, was sie müssen, sondern das, was sie lieben. Es gibt viele Kreative hier, Fotografen, Maler. Alles hat einen Spirit von Neuanfang.

Courtney Adamos Mann und Söhne beim Surfen

Vor dem Sprung in die Wellen: Easton, Michael und Quin (v.l.n.r.)

Seid ihr hier glücklicher als früher?

Ja. Mein Glück hängt auch vom Wetter ab. In London hat es oft geregnet, hier scheint die Sonne. Jeden einzelnen Tag bin ich glücklich, dass wir hier leben. Hier könnte ich für immer bleiben. Dieses Gefühl hatte ich noch nirgends – nicht in London, nicht in meiner Heimat USA oder in Chicago, wo ich studiert habe. Das hier ist der Ort, an dem ich alt werden könnte. Es ist so schön, dieses Gefühl zu haben. Vor allem, wenn man es davor nie hatte.

Klingt ziemlich gut. Beschreib doch mal einen typischen Tag hier.

Wenn die Kinder gegen 15 Uhr von der Schule kommen, gehen wir an den Strand surfen. Anschließend gehen wir essen oder treffen uns mit Leuten zum Barbecue.

Vermissen die Kinder ihr altes Leben?

Eigentlich nicht. Manchmal vermissen sie ihre Freunde, aber nicht so, dass sie wirklich traurig sind. Außerdem haben sie hier auch schon viele neue Freunde. Kinder sind so flexibel. Ich glaube, wir Eltern machen uns über solche Dinge immer mehr Sorgen, als wir müssten.

"Die Menschen in Byron machen nicht das, was sie müssen. Sondern das, was sie lieben."

Michael hat auf der Reise die Kinder unterrichtet. Würdest du sagen, dass sie weniger Schulstoff gelernt haben in der Zeit?

Akademisch sind sie auf jeden Fall auf einem besseren Level, als sie in London gewesen wären.

Ja? Das ist interessant.

Ja. Mein Mann hat die Kinder unterwegs unterrichtet, in Großbritannien ist Homeschooling erlaubt. Wir hatten Bücher und klare Vorgaben, was die Kinder jeweils lernen sollten. Sie haben alles durchgebracht. Easton, unser Ältester, kann sehr leicht abgelenkt werden. Da war er in London oft außen vor, weil die Lehrer ihm nicht genug Druck gemacht haben. Michael wusste, wie er ihn unterrichten muss. Davor war er schlecht in Mathe, jetzt ist er wirklich gut. Quin wiederum war immer sehr gut in Mathe. Obwohl er jünger ist, hat Michael ihm dasselbe beigebracht. Er ist jetzt also schon zwei Schuljahre weiter mit dem Stoff.

Haben die Kinder Michael sofort als Lehrer akzeptiert?

Sie haben einen Monat gebraucht, um ihn als Lehrer ernst zu nehmen. Michael musste sich auch erstmal an seine neue Rolle gewöhnen, das war schon eine Herausforderung für ihn. Er merkte schnell, dass er das nicht spontan machen kann, sondern sich am Vortag auf den nächsten Schultag vorbereiten muss.

Courtney Adamos Sohn Easton surft am Strand von Byron Bay

Easton ist das älteste Kind der Adamos. Er ist schon jetzt ein sehr guter Surfer.

Was haben die Kinder sonst noch gelernt – fürs Leben?

In London, in der gehobenen Gesellschaft, geht alles nur darum, eine gute Ausbildung zu bekommen, und später einen guten Job. Status. Viel Geld verdienen. Jetzt haben unsere Kinder gesehen, wie glücklich man mit einem einfachen Leben sein kann. Wenn sie Surflehrer in Uruguay werden und in einem kleinen Haus leben wollen, ist das ok! Wenn es sie glücklich macht, sollen sie das machen. Das zu wissen, gibt einem so viel Freiheit im Leben. Nicht darüber nachzudenken, was man alles machen muss, weil es die Gesellschaft von einem erwartet. Ich denke, damit haben wir unseren Kindern ein riesen Geschenk gemacht.

Courtney Adamos Mann Michael unterrichtet die Kinder

Auf der Weltreise hat Michael die Kinder unterrichtet.

So viele Kinder zu haben stelle ich mir anstrengend vor. Bei euch wirkt das entspannt – was ist das Geheimnis?

Hinter den Kulissen führen wir ein straffes Regiment, sind gut organisiert. Meine Kinder wissen, dass sie anständig in einem Restaurant sitzen müssen. Ich kann ihnen sagen: Ich brauche jetzt Zeit für mich, also beschäftigt euch bitte kurz selbst. Ich habe Freunde, die sind da entspannter, haben aber auch mehr Stress, weil ihre Kinder weniger Grenzen haben.

Text

Jennifer Köllen

Fotos

Raegan Glazner

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